Bericht vom „Green Film Lighting“ Event bei den HdM Cinematography Days
Nach gut zwei Jahren konnte eine Veranstaltung fortgesetzt werden, die einen echten Leuchtturmcharakter für die Filmschaffenden der Region Stuttgart hat. Die Hochschule der Medien, allen voran der Fachbereich digitale Kinematografie unter Professor Stefan Grandinetti, hat eine zweite Auflage der HdM Cinematography Days gestemmt. Renommierte Gastredner von Paris bis Hollywood referierten nicht nur über Optikphilosophie, sondern auch über handfeste Forschung im Bereich Kamera & Licht und deren Anwendung für das Storytelling.
In Zeiten, in denen in der Branche das Bewusstsein reift, dass nachhaltiges Produzieren oder „Green Shooting“ nicht nur die Umwelt schont, sondern auch ein Zugewinn für das Image ist, hat die HdM diesem Thema einen kompletten Tag gewidmet. Zusammen mit der MFG und dem BVK lud man Deutschlands erfahrensten Greenshooter Philipp Gassmann und den Lichtexperten Christoph Grauting ein, um ein großes Spektrum an LED Lampen gegeneinander zu testen.
Robert Lanig von der MFG-Filmförderung begrüßte die Teilnehmer. Lanig betreut bei der MFG die Produktionsförderung, mit einem Schwerpunkt seiner Tätigkeit auf dem Green Shooting. Die MFG ist hier schon seit Jahren aktiv und bot im vergangenen Jahr eine Vielzahl an Workshops zu dem Thema. (Wer sich hierfür Interessiert, am 27.03. findet der nächste allgemeine Green Shooting Workshop der MFG statt.) Darüber hinaus bietet die MFG einen kostenfreien CO2 Emissionsrechner für Filmproduktionen und die finanzielle Förderung eines Green Consultant bei großen Produktionen.
Philipp Gassmann begann mit dem Rückblick auf die Anfänge des Films, wo Filmstudios noch komplett aus Glas bestanden, um mit der Sonne als primärer Lichtquelle arbeiten zu können. Thomas Edison beendete diese Epoche und das elektrische Licht hielt Einzug am Filmset. Seit Edison ist viel passiert – Gassmann referierte über den Stromverbrauch am Set und die größten CO2- „Sünder“– klassischerweise das Licht Department. Doch er zeigte auch Alternativen auf, vom simplen Baustromverteiler am Drehort, bis hin zum Einsatz von Mobilhybriden, Aggregate die mit einer ausgeklügelten Software und einem Stromspeicher ausgestattet sind und so bis zu 70% der unnötigen CO2 Emission einsparen.
Diese Systeme gibt es bereits auf dem Markt, nur muss man Sie auch einsetzen. Gassmann appelliert an Produzenten und Sender, Verleiher, die in solche Technik investieren, zu unterstützen, da in der Vergangenheit solche Innovationen leider zu oft auf den Höfen der Verleiher verrosteten. Der Appell bezog sich auch auf die Gagen des Fachpersonals, die sich mit der Thematik bereits auseinandergesetzt haben und für Ihre Kompetenz auch fair entlohnt werden sollten.
Referent Christoph Grauting ist Spezialist im Bereich der Lichttechnik, speziell im Showlichtbereich, der durch seine Kaufkraft und Abnahmemenge Innovationstreiber in der Lichtbranche ist. Grauting verglich in seinem Vortrag eine Vielzahl am Markt verfügbarer LED-Fresnel Scheinwerfer und gab den Zuhörern einen kleinen Leitfaden an die Hand, worauf beim Kauf geachtet werden muss. Zu vernachlässigen ist inzwischen der alte Standard CRI (Color Rendering Index), welcher mit seinen acht Referenzfarben nicht mehr als Standard dienen sollte, da nahezu alle Geräte am Markt mindestens einen CRI von 90 erreichen. Stattdessen favorisiert die Branche inzwischen zwei neuere Messmethoden favorisiert- TLCI und TM-30, welche durch eine erhöhte Anzahl von Referenzfarben und eine Sensorbasierte Bewertung ein akkurateres Bewerten der Farbqualität zulassen.
Anhand eines Spektrometers wurden Fresnel-Scheinwerfer ausgemessen und zusammen mit einem Testaufbau und zwei Alexa Mini live bewertet. Dass LED Licht hier schlechter abschneidet als eine klassische HMI Fresnel wurde dabei wiederlegt. Eine ältere 575W HMI mit einem älteren Brenner war, was die Farbwiedergabe angeht, gerade Mal im unteren Mittelfeld, verglichen mit den LED-Pendants.
Über ein Dutzend LED Fresnels verschiedener Hersteller traten gegeneinander an. Interessant waren hier auch sogenannte Relight-Lösungen, wo alte HMI Brenner durch LED Brenner ersetzt werden und so das alte Gehäuse weiter genutzt werden kann.
Preislich war bei dem Test alles vertreten, vom Preis-Leistungssieger, dem Rayzr7 bis hin zum renommierten Arri L7C, der sogar eine simple Korrektur von Magenta & Grünstich zulässt.
Es wurde deutlich, welche Quantensprünge die LED Technologie in den vergangenen Jahren gemacht hat und wie günstig gute LED Technik mittlerweile ist, die im Bereich Farbspektrum sogar HMIs in den Schatten stellen. Ein kleines Highlight der Präsentation war der Desisti F14, ein Prototyp eines High-Power LED Scheinwerfer, welcher mit einer 600 Watt Diode ausgestattet ist. In altbekanntem Gehäuse verpackt, liefert diese Fresnel eine Lichtleistung die circa einer 2KW HMI entspricht – wirklich beeindruckend.
Philipp Gassmann nahm diesen Prototyp als Aufhänger für einen weiteren Ausblick, wohin die Reise bei der LED Technik gehen wird. Mole-Richardson ist hier einer der renommierten Lichthersteller, der wirklich nach vorne pirscht und LEDS bis zu 1600 Watt im Angebot hat, die sich in den USA in den Studios bereits durchsetzen.
„Viel hilft viel“ muss auch nicht immer sein, stellte Referent Alexey Bercovitch imNachmittagsprogramm fest. Er macht sich für die Ausleuchtung eines Sets eine Technik zu nutzen, die in den Weltkriegen für Flugabwehrscheinwerfer entwickelt wurde: Parallel Beams, also gerichtetes Licht. Mittels dem gerichteten Licht lässt sich der Lichtverlust verringern und so viel zielgerichteter arbeiten. Bercovitch leuchtete ein Set mit nur einer LED Parallel Beam aus, deren Licht mittels mehrerer Spiegel und Reflektoren so gebrochen und reflektiert wurde, dass eine stimmige Szenerie entstand, ganz ohne viele Rahmen, Fahnen und Lampen. „Quick-and-Dirty“ zu arbeiten, ist hier nicht möglich, aber es zeigt, wie man ein einem beengten Studioraum mit nur wenigen Mitteln ein schönes Licht hinbekommt und was es heißt, mit Licht zu malen.
Sein beeindruckendes Schlusswort sei hier sinngemäß zitiert: Heutzutage hört man viele Kameraleute davon schwärmen, dass sie das neue große LED-Panel brauchen um freier in Ihrer Lichtgestaltung zu werden. Doch zu nah dran ist das Panel zu flächig, zu weit weg zu schwach, zu weit oben verliert man die Augen, zu weit unten ist es gespenstisch. Als Resultat wird das Panel, egal bei welchem Projekt, immer bis auf ein paar Zentimeter und Grad Unterschied die gleiche Position haben. Und das nennt man dann „neue Freiheit“? Eine berechtigte Frage, die der Referent da im Raum stehen ließ.
Als Abschluss des Abends hatte der Filmverband Südwest einen kleinen Empfang vorbereitet. Bei Brezeln, Snacks und Getränken ließ sich über das soeben gesehene austauschen und neue Kontakte knüpfen. Vorstand Simon Rost betonte in einem kurzen Grußwort, dass Nachhaltigkeit nicht zuletzt auch mit Arbeitsbedingungen und Vergütung zu tun haben. Was in der Wirtschaft unter dem Begriff CSR (Corporate Social Responsibility) bekannt ist – die soziale Verantwortung von Unternehmen – sollte neben dem ökologischen Aspekt bei Filmproduktionen dringend Einzug halten. Der erste Schritt der MFG, dies in die Förderrichtlinien aufzunehmen ist ein richtiges Signal an Sender und Produzenten, die Arbeitsbedingungen von Freischaffenden zu verbessern.
Neben vielen alten Hasen aus ganz Europa waren auch viele Studierende im Publikum und es ergaben spannende Gespräche über Gestaltung, sowie alte & neue Technik. Auf jeden Fall ein gelungener Auftakt und zwei weitere Tage voller spannender Vorträge und Kontakte folgten anschließend. Ich hoffe, dass wir von dieser Veranstaltung noch einige Fortsetzungen erleben dürfen und richte an dieser Stelle auch meinen Dank an Alle, die so eine Fachkonferenz im Ländle möglich machen und vor und hinter den Kulissen tätig waren.
Fabian Linder
Mitglied im FVSW