Berlinale: Green Producing Panel
Bereits zum fünften Mal fand auf der diesjährigen Berlinale das Green Producing Panel statt, auf Einladung der MFG Medien- und Filmgesellschaft BW und der Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein. In zwei Sessions wurde diskutiert, wie unsere Branche nachhaltiger gestaltet werden kann und welche konkreten Ansätze es dabei bereits gibt.
Im ersten Panel waren Mathieu Delahousse & Charles Gachet-Dieuzeide vertreten. Sie haben als Ecomanager und Produzenten in Frankreich bereits einige nachhaltige Produktionen absolviert, sowohl im Werbefilm als auch im szenischer Film. Aus Finnland war Kaisa Astikainen angereist, die derzeit in der Film Commission Lapland erste Bestrebungen für die nachhaltige Produktionsförderung unternimmt und ebenfalls als Green Consultant tätig ist. Aus New York war die Filmemacherin und Szenenbildnerin Rocio Gimenez angereist. Sie hat einen Animationsfilm komplett aus Recyclingkarton realisiert. Moderiert & Vorbereitet wurde das Panel von Birgit Heidsiek, der Herausgeberin des Green Film Shooting Magazin , Green Shooting Beraterin und internationale Fachjournalistin.
Ich wurde zu dem Panel eingeladen um über die Bestrebungen des SWR zu berichten, bei dem ich als Fester Freier für dieses Thema beschäftigt bin, sowie als freischaffender Greenconsultant. Unter anderem in dieser Funktion begleite ich im Herbst die deutsch-finnische Coproduktion Franky Five Star von One Two Films. Das Thema Nachhaltigkeit habe ich mir im Rahmen meiner Bachelorthesis an der Hochschule Offenburg erarbeitet, davor habe ich bereits den Eintages-Workshop der MFG besucht und parallel zur Thesis die Greenconsultant Ausbildung bei der MFG absolviert,
die das Thema nochmals fundierter behandelt. Die Workshops der MFG kann man auch gut dazu Nutzen, seine Kernkompetenz weiter zu Ergänzen, so hatten wir unter anderem auch Kostümbildner*innen oder Kamerafrauen & -männer in der Ausbildung, die den Titel nutzen um sich besser am Markt platzieren zu können – gemessen an der Popularität des Themas sicherlich kein verkehrter Gedankengang. Beim SWR sind derzeit neun von der MFG ausgebildete Green Consultants beschäftigt, nicht hauptberuflich als Green Consultants, aber mit dem Horizont, den einem die Fortbildung gewährt – was in der Funktion Produktionsleiter*in, Aufnahmeleiter*in oder Produktionsassistenz genau an der richtigen Stelle ist.
Im zweiten Panel saßen neben Produzent Jonas Weydmann, der mit Systemsprenger einen Überraschungshit auf der Berlinale landete, Filmförderer aus Sardinien und von den kanarischen Inseln, sowie earth angel Gründerin Emellie O’Brian aus den USA, die als Nachhaltigkeitsberaterin für Hollywood Produktionen tätig ist.
Nora Fingscheids Debüt Systemsprenger wurde von den Weydman Bros produziert und ist ein gutes Beispiel für dass, was in Deutschland machbar ist: Neben Baustromanschlüssen mit Ökostrom wurde viel LED Licht eingesetzt, emissionsarme Fahrzeuge und Generatoren verwendet und der Großteil der Sets und Requisiten an karitative Einrichtungen gespendet. Produzent Jonas Weydmann betonte im Panel nochmal wie froh er ist, dass Förderungen wie die MFG oder FFHSH sich dem Thema Green Producing widmen. Ohne diese gäbe es garantiert bis heute keinen grünen Drehpass. Schließlich ist es auch derzeit noch ein sexy Marketingzusatz, wenn man seine Produktion als besonders ökologisch titulieren kann.
Wie unterschiedlich die Erfahrungen im Green Produdcing sind, zeigte sich vor allem im zweiten Panel. Während die Film Commission Teneriffa noch nahezu in den Kinderschuhen steckt und nun einen nachhaltigen Film-Caterer auf den Kanaren zu bieten hat, blickt Ecoprod in Frankreich schon auf eine 10-Jährige Geschichte und hat ein umfassendes Netzwerk in der Ile de France. Die Ausgangssituation könnte unterschiedlicher nicht sein: in Paris werden hunderte Produktionen pro Jahr gedreht, in Teneriffa eher viele kleinere und nur wenige große Produktionen.
Von großen Produktionen konnte Nevina Satta von der Filmcomission Sardinien berichten, dort flog George Clooney vergangenes Jahr ein um seine Hulu Serie Catch 22 zu drehen. Ganz nach den Paramount Sustainability Richtlinien, setzte die Produktion umfassend Green Shooting Maßnahmen um. Da aber das Buch eine ganze Armada an Flugzeugen aus dem Zweiten Weltkrieg vorsah, mussten zwei B25 Bomber aus Los Angeles überführt werden und ein halbes dutzend weiterer Maschinen aus ganz Europa flog in Sardinien ein. Die Diskrepanz zwischen Green Producing und dem was vor der Kamera passiert könnte kaum größer sein. Aber die Maßstäbe von Hollywood Produktionen sind ohnehin nicht zu Vergleichen, mit unserem Alltag bei szenischen Produktionen.
Bereits im Gespräch vor dem Panel zeigte sich, dass die Produzenten und Sender, egal in welchem Land, sich zwar die neue Technik wünschen, während die Dienstleister noch nicht bereit sind, die Investitionen aufzubringen, die neue Technologien mit sich bringen. Gerade die Kollegen aus dem benachbarten Frankreich betonten, wie sehr sie innovative Aggregats- und Stromerzeugungstechnik in ihrem Land vermissen.
Doch wer soll die Technik anschaffen? Verleiher müssen die teilweise immensen Entwicklungskosten tragen und darauf bauen, dass Kunden die teureren Preise auch bezahlen. Produktionsfirmen und Sender wollen das Thema Green Shooting eher zum Nulltarif umsetzen. Hier laufen die Bestrebungen zum Greenshooting bisweilen auseinander, dabei hätten wir hier die Chance nicht nur Nachhaltiger zu sein, sondern auch unsere Industrie z.B. im Bereich nachhaltige Stromerzeugung weiter voran zu bringen. Wie sich das Thema weiterentwickeln wird, zeigt sich noch. Die großen Player (SWR, Bavaria & Co) testen gerade Produkte wie den Polyma Stromerzeuger in Ihren Produktionen, allerdings direkt über den Hersteller bezogen, Verleiher finden sich dafür noch nicht.
Klassische Themen, wie LED-Licht wurden schon in den vergangenen Jahren weitreichend behandelt und sind kein wahres Thema mehr, doch wie bringt man die Nachhaltigkeit weiter voran?
Eine richtige Antwort schien keines der Panel zu bieten. Die Hoffnungen der Industrie liegen in Deutschland aktuell auf einem nationalen Drehpass. Dieser bietet dann einen Handlungsleitfaden und allgemein gültige Maßgaben. Es soll eine Art Norm für unsere Branche entstehen. Entwickelt wird dieser gerade von einem Gremium unter Leitung der MFG und Carl Bergengruen, mit der Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein GmbH in Form von Christiane Dopp, dem SWR, der Bavaria und weiteren Partnern. Doch bis der nationale Drehpass aus der Entwicklung in die Realität übergeht, werden wohl noch einige Monate ins Land gehen.
Die einfachste Lösung für mehr Nachhaltigkeit bleiben allerdings Schulungen und das Schaffen von Awareness und da haben wir im Süden mit Referent Philip Gassmann und den Workshops der MFG ein ideales Angebot.
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Süddeutsche Zeitung
Neues Deutschland
DWDL Interview