21 Mai

Ein offener Brief zur Nachfolge von Carl Bergengruen

Liebe Filmschaffenden in Baden-Württemberg,

wir, der Filmverband Südwest, möchten uns bei Carl Bergengruen für seine langjährige, engagierte Arbeit als Geschäftsführer der MFG-Filmförderung bedanken. Mit ihm konnte sich der Standort Stuttgart gerade durch die von ihm forcierte Line Producer Förderung als feste Größe der internationalen VFX-Branche etablieren. Mit Green Shooting setzte er einen wichtigen Impuls für Nachhaltigkeit in der deutschen Filmförderlandschaft. Unter seiner Führung hat der Arbeitskreis Green Shooting Branchenstandards geschaffen, die seit 2022 sowohl für Sender als auch Streaminganbieter gelten. 

Baden-Württemberg ist ein relevanter Filmstandort in Deutschland und darüber hinaus. Wir sehen uns nichtsdestotrotz aktuell großen Herausforderungen gegenüber:

1. Die im Doppelhaushalt 2025/26 beschlossene Kürzung der Filmförderung des Landes erschwert seit Anfang des Jahres das Produzieren im Land. Statt die ohnehin zu geringe finanzielle Förderung auszubauen, wurden Kürzungen beschlossen. Das sorgt noch stärker als bisher dafür, dass in Baden-Württemberg ausgebildeten Fachkräfte nicht hier bleiben, sondern dorthin abwandern, wo es Jobs gibt. Die Folge – Geschichten aus Baden-Württemberg finden seltener statt, und wenn sie stattfinden, werden sie oftmals von Teams aus anderen Bundesländern realisiert. Dies führt zu Unmut und Resignation der Filmschaffenden in Baden-Württemberg.

2. Der Regierungswechsel auf Bundesebene hat zu einer spürbaren Verunsicherung bezüglich der weiteren Ausgestaltung der Filmförderung geführt. Das mit Claudia Roth erarbeitete drei Säulenmodell für eine neue, moderne Filmförderung konnte nicht final umgesetzt werden. Auch das in letzter Sekunde beschlossene Filmfördergesetz konnte nicht mit allen Änderungen hin zur sozialen Nachhaltigkeit beschlossen werden und führt derzeit zu viel Ungewissheit.

Um die Zukunft der Filmwirtschaft in Baden-Württemberg zu sichern und gestärkt aus dieser schwierigen Situation hervorzugehen, braucht es dringender denn je eine starke, visionäre Persönlichkeit an der Spitze der MFG Baden-Württemberg. Für die Nachfolge von Carl Bergengruen fordern wir daher, folgende Eigenschaften bei der Auswahl zu berücksichtigen:

Eine profunde Kenntnis der Baden-Württembergischen Film- und Medienbranche und ihrer spezifischen Herausforderungen. Nur wer die Bedürfnisse und Abläufe von der ersten Idee bis hin zur Filmvorführung versteht, kann Strukturen schaffen, die keine Hindernisse darstellen. Bürokratie lähmt die Filmerstellung mehr, als dass es für gerechte Verteilung von Fördergeldern sorgt. Hier braucht es sinnvolle Reformen, die dafür sorgen, dass mehr in Baden-Württemberg produziert wird.

Hervorragende Vernetzung in Politik, Wirtschaft und Kultur. Die Herausforderungen der Filmbranche können nicht nur innerhalb der Branche gelöst werden. Es braucht eine Zusammenarbeit mit dem gesamten Kulturbetrieb und der Politik, um den Stellenwert der Kreativwirtschaft in Baden-Württemberg  wieder stärker in den Fokus der Öffentlichkeit zu rücken.

Innovationskraft und kreative Ideen zur Stärkung des Filmstandorts Baden-Württemberg. Es darf nicht nur das Ziel sein, den Status Quo zu erhalten. Es braucht einen aktiven Gestaltungswillen für konkrete Veränderungen in der Branche. Die Filmkonzeption aus dem Jahr 2020 gilt es gemeinsam mit allen Stakeholdern umzusetzen und den Standort für Investitionen wieder attraktiv zu machen. Ein Fokus auf Zukunftsthemen und die Stärken des Standorts sollten im Zentrum dieser Veränderungen stehen.

Wir sind davon überzeugt, dass nur eine Persönlichkeit mit diesem Profil die anstehenden Herausforderungen erfolgreich meistern wird, bei denen es gilt, die MFG Baden-Württemberg in eine gute Zukunft zu führen und den Standort voranzubringen.

Als Verband bieten wir unsere volle Unterstützung bei der Bewältigung der anstehenden Aufgaben an. Wir appellieren zugleich an die politischen Entscheidungsträger, sich klar zur Filmwirtschaft in Baden-Württemberg zu bekennen und die notwendigen Rahmenbedingungen für eine positive Entwicklung zu schaffen.

Die Nachfolge im Amt der neuen Geschäftsführung ist dabei eine große Chance. Um dieser schwierigen Entscheidung Rechnung zu tragen, haben wir uns als Verband angeboten am Prozess zu beteiligen. Die schlussendliche Entscheidung obliegt aber dem Verwaltungsrat, den wir hiermit noch einmal aufrufen sich unsere Entscheidungskriterien zu Herzen zu nehmen.

Gemeinsam können wir die Weichen für eine erfolgreiche Zukunft des Film- und Medienstandorts Baden-Württemberg stellen. 

Mit hoffnungsvollen Grüßen,
der Filmverband Südwest

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert